Für seine Verbindungen zu Russland wurde Altkanzler Schröder immer wieder kritisiert. Nun hat er gemeinsam mit AfD-Chef Tino Chrupalla einen Empfang von Russlands Botschafter in Berlin besucht.
An einem Empfang der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland haben einzelne deutsche aktive und ehemalige Politiker teilgenommen, darunter Altkanzler
Zuvor hatte die "Berliner Zeitung" über den Empfang am Dienstag berichtet, an dem viele andere deutsche Politiker aber aus Protest gegen den russischen Krieg gegen die Ukraine nicht teilgenommen hätten. Unter den weiteren Teilnehmern war der Linken-Politiker Klaus Ernst.
Tino Chrupalla: Sollten Dialog "in Krisenzeiten nicht abreißen lassen"
"Diesen Dialog sollte man in Krisenzeiten nicht abreißen lassen." Aussöhnung sei gerade an solchen historisch bedeutsamen Tagen wichtig. "Dabei war es mir wichtig, die deutsche Sicht auf Geschichte und Gegenwart selbstbewusst darzulegen", sagte Chrupalla, der gemeinsam mit Alice Weidel an der Spitze der Partei und der AfD-Bundestagsfraktion steht.
Chrupalla hatte im März in einer Bundestagsdebatte gesagt: "Aus diesem Krieg geht die Ukraine genauso als Verlierer hervor wie Russland. Es gibt wieder nur einen Gewinner, und dieser Gewinner, der heißt USA."
Auch Ex-Parteivorsitzender der Linken zu Gast
Der ehemalige Parteivorsitzende der Linken, Ernst, verteidigte seine Teilnahme an dem Empfang. Der "Berliner Zeitung" sagte Ernst, er sei "trotz der komplizierten Situation wegen des Krieges" gekommen, weil "Russland entscheidenden Anteil an der Niederwerfung des Faschismus" gehabt habe.
Ernst, der den Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie leitet, hatte vor wenigen Wochen ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland gefordert, "weil sie im Ergebnis gegen die eigene Bevölkerung und gegen die eigene Industrie gerichtet sind".
Zu dem Empfang waren nach Angaben der Botschaft unter anderem Vertreter von GUS-Mitgliedstaaten und "freundlicher Länder" Asiens und Afrikas sowie Veteranen, Vertreter der Russisch-Orthodoxen Kirche und der deutschen Öffentlichkeit gekommen.
Der russische Botschafter Sergej Netschajew verwies in seiner Rede darauf, dass die "Todesmaschinerie" der Deutschen 27 Millionen Sowjetbürger das Leben gekostet habe. Er beklagte laut Redetext auf der Webseite der Botschaft, es werde "verstärkt versucht, die Geschichte zugunsten der aktuellen politischen Konjunktur zu verdrehen, Opfer und Henker sowie Sieger und Besiegte gleichzusetzen".
Der "Nazismus" dürfe keine einzige Chance auf Wiederaufleben bekommen, "auch nicht als Russophobie", sagte Netschajew demnach.
Kritik aus SPD und FDP an Empfangsbesuchern
Die Bundesregierung wollte sich zur Teilnahme deutscher Politiker an dem Empfang nicht äußern. Man sehe keinen Anlass, dies zu kommentieren, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Fraktionschefs von SPD und FDP, Rolf Mützenich und Christian Dürr, waren nach Angaben ihrer Fraktionen nicht eingeladen.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, sagte zur Teilnahme Schröders an dem Empfang: "Es lässt mich voller Unverständnis zurück."
Dürr sagte der dpa: "Russland begeht seit über einem Jahr schwere Kriegsverbrechen in der Ukraine. Jeden Tag sterben dort Menschen durch Raketenangriffe. Es ist völlig unangemessen, ein Fest der russischen Botschaft zu besuchen, und ich finde es gut, dass die Botschafter der westlichen Länder hier ein klares Zeichen gesetzt haben."
Es wundere ihn nicht, dass das Vertreter der AfD nicht interessiere. "Aber von der Linkspartei hätte ich mehr erwartet", fügte Dürr hinzu.
Immer wieder Kritik an Gerhard Schröder wegen Russland-Verbindungen
Altbundeskanzler Gerhard Schröders seit Jahren bestehende Verbindungen nach Russland haben sich seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine zu einem Politikum entwickelt. Er gilt als persönlicher Freund von Präsident Wladimir Putin und war auch nach Kriegsbeginn noch für russische Energieunternehmen tätig.
Der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte Schröder im Mai 2022, rund drei Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, das Büro gestrichen. Sein Büro wurde "ruhend gestellt" - das Parlament verweigerte ihm damit Finanzmittel für Räume und Mitarbeiter.
Zuvor hatte das Büro vier Stellen und nahm sieben Räume ein. Ruhegehalt und Personenschutz des 79-Jährigen wurden hingegen nicht angetastet. Die Abgeordneten begründeten die Streichung aber nicht mit Schröders Russlandbeziehungen, sondern gaben als Grund an, dass der Altkanzler "keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt" mehr wahrnehme.
Das Berliner Verwaltungsgericht wies am Donnerstag eine Klage des 79-Jährigen gegen den Beschluss ab. Die Richterinnen und Richter ließen jedoch eine Berufung gegen den Beschluss zu. (dpa/afp/thp) © dpa

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