- Das geschah an Tag 72 des Krieges in der Ukraine.
- Der ukrainische Präsident Selenskyj lässt nicht locker. Er will Bundeskanzler Olaf Scholz in Kiew sehen - noch dazu an einem bedeutenden Tag.
- Und: Deutschland sagt die Lieferung von sieben Panzerhaubitzen zur Unterstützung gegen den russischen Angriff zu.
Die ukrainische Regierung hält den Druck auf Bundeskanzler
Die erneute Einladung kam nur einen Tag nach einem klärenden Gespräch zwischen
Am Montag will Russland mit einer Militärparade den "Tag des Sieges" feiern - dort wird am 9. Mai traditionell an den Sieg der sowjetischen Armee über Hitler-Deutschland erinnert. Scholz will sich am Sonntag in einer TV-Ansprache an die Bevölkerung wenden und über den Ukraine-Krieg sowie das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 77 Jahren sprechen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas reist an dem Tag auf Einladung des ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk nach Kiew - und könnte dort möglicherweise auch Selenskyj treffen.
Weiter Kritik an der Bundesregierung
Wochenlang gab es zwischen Kiew und Berlin Verstimmungen, weil ein Besuch von Steinmeier in Kiew nicht erwünscht war. Scholz hatte die Ausladung als Hindernis für eine eigene Reise bezeichnet. Am Donnerstag räumten Steinmeier und Selenskyj die Irritationen in einem Telefonat aus. Scholz kündigte wenig später an, dass Außenministerin Annalena Baerbock nach Kiew reisen werde.
Nachhaltig entspannt haben sich die Beziehungen dadurch aber offensichtlich nicht: Selenskyj äußerte am Freitag bei seinem Online-Auftritt erneut Kritik, als er gefragt wurde, ob er mit der Unterstützung aus der EU und insbesondere aus Deutschland zufrieden sei. Einerseits würden Sanktionen verhängt, gleichzeitig aber auch Verträge mit Russland unterschrieben, sagte er. "Das ist nicht richtig. Das ist Heuchelei."
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hatte der Bundesregierung am Freitagmorgen vorgeworfen, "Märchen" über Waffenlieferungen zu erzählen. Im Deutschlandfunk sagte er zudem, keinen Anlass zu sehen, sich bei Scholz dafür zu entschuldigen, ihn im Streit um die Ausladung Steinmeiers eine "beleidigte Leberwurst" genannt zu haben.
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Bundesregierung will Ukraine moderne Artilleriesysteme liefern
Deutschland sagte der Ukraine am Freitag die Lieferung von sieben Panzerhaubitzen 2.000 zur Unterstützung gegen den russischen Angriff zu. Sie sollen als Teil eines Gesamtpakets mit Ausbildung und Munition bereitgestellt werden, kündigte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bei einem Besuch in der Slowakei an.
Die Panzerhaubitze ist ein schweres Artilleriesystem mit einer Kanone auf einem Kettenfahrzeug und ähnelt damit einem Panzer. Mit Standardmunition erreicht sie nach Angaben der Bundeswehr Schussentfernungen von 30 Kilometern. Mit reichweitengesteigerter Munition sind 40 Kilometer möglich. Wann genau die Haubitzen geliefert werden, war zunächst unklar.
Am 8. Mai 1945 hatte die deutsche Wehrmacht bedingungslos kapituliert. Der Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa steht an diesem Sonntag im Zeichen des Ukraine-Krieges. Bundeskanzler Scholz plant eine Fernsehansprache. Zudem will er in einer Videokonferenz mit den Partnern der G7-Staaten über die Lage in der Ukraine beraten - Selenskyj soll zugeschaltet werden. Es sei "ein sehr besonderer 8. Mai in diesem Jahr", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Dass zwei Länder, die im Zweiten Weltkrieg Opfer deutscher Aggression geworden seien, jetzt miteinander im Krieg stünden, sei "ein sehr bedrückender Umstand".
Ukraine bestätigt Befreiung von Zivilisten in Mariupol
In der belagerten Hafenstadt Mariupol konnten im Zuge der jüngsten Evakuierung des Stahlwerks Azovstal nach ukrainischen Angaben bisher Hunderte Zivilisten befreit werden. "Wir haben es geschafft, 500 Zivilisten heraus zu holen", teilte der Leiter des Präsidialamts Andrij Jermak mit. Er sprach von einer "weiteren Etappe der Evakuierung", die in den nächsten Tagen fortgesetzt werden solle. Immer noch sollen im Stahlwerk - der letzten Bastion der Verteidiger Mariupols - bis zu 200 Zivilisten und eine unbekannte Anzahl an ukrainischen Kämpfern ausharren. Russischen Nachrichtenagenturen zufolge wurden am Freitag mehrere Dutzend Zivilisten gerettet.
In der Großstadt Kramatorsk im Gebiet Donezk zerstörte das russische Militär nach eigenen Angaben ein großes Munitionsdepot. Zudem seien die taktische Luftwaffe und die Artillerie wieder sehr aktiv gewesen.
EU: Weiter keine Einigung auf Öl-Embargo
Die EU-Mitgliedstaaten sind weiter uneins in der Frage der von der Kommission vorgeschlagenen Sanktionen auf Erdöl-Importe aus Russland. Mehrere Länder haben Vorbehalte - einer der lautesten Kritiker ist der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. Er sagte am Freitag über den Vorschlag: "Er kommt einer Atombombe gleich, die auf die ungarische Wirtschaft abgeworfen wird." In Brüssel wurde über einen Kompromissvorschlag beraten, der Ungarn, der Slowakei und Tschechien mehr Zeit für die Umsetzung des Lieferstopps einräumen würde. Das Sanktionspaket kann nur mit Zustimmung aller Länder umgesetzt werden. (dpa/fra)