Nach dem Ende ihrer Amtszeit erhalten ehemalige Kanzler und Bundespräsidenten ein Büro. Wegen seiner engen Verbindungen zu Russland sind Gerhard Schröder diese Privilegien entzogen worden. Dagegen wehrte er sich vor Gericht – ohne Erfolg. Seine Klage gegen einen Beschluss des Bundestags wurde abgewiesen.

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Fünf Mitarbeiter, Fahrer und ein Büro von der SPD-Bundestagsfraktion: Mehr als 400.000 Euro pro Jahr kostet Altkanzler Gerhard Schröder den Staat. Diese Sonderrechte darf der 79-Jährige nicht weiter behalten, wie am Donnerstag das Verwaltungsgericht Berlin entschied.

Schröder war bei der mündlichen Verhandlung in der Hauptstadt nicht anwesend. Der Vorgang ist bislang einmalig in der bundesdeutschen Geschichte - und von grundsätzlicher Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass das Verfahren in die nächste Instanz geht.

Seit Konrad Adenauer sind Altkanzler-Büros üblich

17 Jahre nach seiner Kanzlerschaft sind Schröder ein Büro und Mitarbeiter zu Recht gestrichen worden, entschied das Gericht. Der SPD-Politiker hatte gegen den Entzug eines Teils seiner Sonderrechte gegen die Bundesrepublik geklagt. Seine Anwälte hatten einen entsprechenden Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestags für rechtswidrig erklärt, um dem Altkanzler Büro samt Personal wieder zur Verfügung zu stellen.

Seit Konrad Adenauer ist es üblich, dass ehemalige Bundeskanzler und Bundespräsidenten nach dem Ende ihrer Amtszeit ein Büro erhalten, informierte die Vorsitzende Richterin, Gerichtspräsidentin Erna Viktoria Xalter. Somit sollen Aufgaben erledigt werden können, die sich aus dem früheren Amt ergeben. Die Büros wurden bislang auf Lebenszeit vergeben und existierten oft über Jahrzehnte.

Im Frühjahr 2022 regelte die Koalition von SPD, Grüne und FDP jedoch die Alimentierung generell neu. Sie ist nun abhängig davon, ob die früheren Top-Politiker tatsächlich noch Aufgaben im Zusammenhang mit ihrem früheren Amt übernehmen, also etwa Schirmherrschaften haben und Reden halten. Das empfand der Haushaltsausschuss nicht so, weshalb Schröders Büro auf "ruhend" gestellt wurde.

Gerhard Schröders Verbindungen nach Russland wurden massiv kritisiert

Der Sozialdemokrat war von 1998 bis 2005 Kanzler und von 1999 bis 2004 Parteivorsitzender der SPD. Bevor ihm ein Teil der Sonderrechte entzogen worden war, hatte er wegen seiner Verbindungen zu Russland und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik gestanden - auch in der eigenen Partei. Mehrere seiner Mitarbeiter hatten nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ihre Posten bereits aufgegeben.

"Wir sollten damit aufhören, ihn als Elder Statesman und Altkanzler wahrzunehmen", sagte SPD-Chefin Saskia Esken, als Schröder der Ukraine Säbelrasseln vorgeworfen hatte, schreibt die Tagesschau. Eine Forderung stand schnell im Raum: "Dass die Privilegien für einen unverbesserlichen Putin-Lobbyisten beendet werden", so CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Schröder war als Kanzler a.D. viele Jahre für russische Energiekonzerne tätig und gilt bis heute als enger Freund Putins. Wenige Wochen nach Kriegsbeginn und dann erneut im Juli 2022 hatte sich Schröder in Moskau mit Putin getroffen. Russland sei daran interessiert, den Krieg zu beenden, sagte er danach jeweils.

Gegen Schröder läuft auch ein Parteiausschluss-Verfahren

Politisch scheint er in Deutschland isoliert. Seit Monaten läuft gegen Schröder ein Verfahren um einen möglichen Parteiausschluss. Seinen Aufgaben als Altkanzler kann der SPD-Politiker nach dem heutigen Tag wieder nachgehen.

Die Entscheidung gegen die Altkanzler-Privilegien dürfte auf breites Interesse stoßen - nicht zuletzt deshalb, weil auch andere ehemalige Repräsentanten Deutschlands nach dem Ausscheiden Büros zur Verfügung gestellt bekommen. Bundespräsidenten etwa erhalten bisher lebenslang eine umfangreiche Ausstattung zum Betrieb eines Büros. Bei Bundestagspräsidenten ist die Bereitstellung zeitlich auf vier Jahre befristet.

Eine Abschaffung staatlich finanzierter Büros für frühere Kanzlerinnen und Kanzler forderte dagegen die Linke-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch im Bundestag. "Büros von Altkanzlerinnen und Altkanzlern sind für mich aus der Zeit gefallen", erklärte die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion der Nachrichtenagentur afp. "Sie brauchen keinen eigenen Hofstaat auf Lebenszeit. Die Büros müssen aufgelöst werden." Anfallende Bürotätigkeiten könnten über die Bundestagsverwaltung abgewickelt werden.

Schröder erhält weiterhin Ruhegehalt und Personenschutz

Auf eine große Zahl von Presse- und Bürgeranfragen, die Schröder bekomme, wies Anwalt Ralph Heiermann am Donnerstag hin. Zudem gehe er zu verschiedenen Empfängen und Anlässen. Dem Altkanzler sei aufgrund seiner persönlichen Beziehungen zu Putin der Rechtsanspruch auf das Büro entzogen worden, sagte Heiermann. Das sei "eines Rechtsstaats unwürdig".

Nicht von den Mittelstreichungen betroffen sind, nach Informationen von afp, Schröders Ruhegehalt und sein Personenschutz. Das zusätzliche Büro samt Personal und Ausstattung steht auch der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu, ebenso wie zuvor anderen Altkanzlern zu deren Lebzeiten. Die fehlende gesetzliche Grundlage dafür hat der Bundesrechnungshof bereits wiederholt beanstandet. Es gibt Zweifel, ob derartige staatliche Zahlungen überhaupt rechtmäßig sind.

Verwendete Quellen:

  • Gerichtsverhandlung "Gerhard Schröder ./. Bundesrepublik Deutschland" am, Berliner Verwaltungsgericht
  • Mit Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa)
  • Mit Material der Agence France-Presse (afp)
  • Tagesschau.de: Wie Schröder um seine Sonderrechte kämpft


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