• Ernst gemeint oder Scheinmanöver? Der türkische Präsident reaktiviert eine alte Debatte.
  • Es geht dabei um das Recht muslimischer Frauen auf das Tragen eines Kopftuchsin öffentlichen Einrichtungen.
  • Experten vermuten, dass Erdogan mit einem Referendum von der aktuellen Wirtschaftslage ablenken will.

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Rund acht Monate vor wichtigen Wahlen in der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdogan eine jahrealte Debatte über das Tragen des islamischen Kopftuchs wiederbelebt. Bei einer Rede in der Provinz Malatya schlug Erdogan am Samstag ein Referendum über eine Verfassungsänderung vor, die das Recht von Frauen auf Kopftuchtragen in öffentlichen Einrichtungen garantieren soll - aufgebracht hatte das Thema zuvor die Opposition.

Experten halten die Debatte für eine Scheindiskussion, weil Erdogan mit seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP ein jahrzehntealtes Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen bereits seit 2013 schrittweise aufgehoben hatte. In der öffentlichen Wahrnehmung spielte das Thema seitdem kaum mehr eine Rolle.

Türkische Inflation liegt bei mehr als 80 Prozent

Die nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind im Juni 2023 geplant. Erdogan hat zuletzt angesichts der schwierigen Wirtschaftslage an Zustimmung verloren. Die Türkei kämpft zurzeit mit einer Inflation von mehr als 80 Prozent.

Die Kopftuchdebatte sei "unzeitgemäß und unnötig", sagte der Istanbuler Rechtsprofessor Ersan Sen der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Das wichtigste Thema in den kommenden Monaten sei die Wirtschaft. Es sei ein Fehler gewesen, dass die Opposition das Thema angesprochen habe. "Erdogan muss sich darüber freuen, jetzt kann er die Agenda von der Wirtschaft ablenken", sagte der Experte.

Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hatte Anfang Oktober einen Gesetzesentwurf zur Garantie des Kopftuchtragens eingebracht. Eine Verfassungsänderung lehnt er jedoch ab, wie er am Samstag betonte. Kilicdaroglus Partei CHP hält die säkulare Tradition in der Türkei hoch. Beobachter gehen davon aus, dass der Oppositionsführer mit seinem Vorstoß auch religiös-konservative Wähler gewinnen will.

Um ein Referendum durchzusetzen, ist Erdogan auf die Unterstützung der Opposition angewiesen. Die AKP hat mit dem ultranationalistischen Partner MHP zwar die Mehrheit im Parlament, aber nicht die erforderlichen Stimmen für eine Verfassungsänderung oder eine Volksabstimmung.

Die mehrheitlich muslimische Türkei ist säkular - die Trennung von Religion und Staat ist in der Verfassung verankert. (best/dpa)

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