- Pünktliche Züge, kürzere Aufenthalte, kürzere Fahrzeiten: Die Ziele des Deutschlandtakts sind ambitioniert.
- Sollten die großen Infrastrukturmaßnahmen schon 2030 fertig sein – oder doch erst 2070?
- Das Verkehrsministerium korrigiert die "Falschmeldung".
Doppelt so viele Menschen wie bisher sollen in der Zukunft Bahn fahren, damit Deutschland seine Klimaziele erreicht. Damit das klappt, hatte die alte Bundesregierung bereits 2018 das "Zukunftsbündnis Schiene" geschmiedet. Gemeinsam mit dem DB-Konzern, privaten Bahn-Unternehmen und der Industrie wollte man die Schiene wettbewerbsfähiger machen.
Kern der Offensive ist der sogenannte Deutschlandtakt, ein Fahrplan-Modell nach Schweizer Vorbild. Das Bahnfahren soll damit pünktlicher, schneller und die Anschlüsse direkter und verlässlicher werden. Außerdem sollen in Deutschland zukünftig deutlich mehr Güter über das Schienennetzwerk transportiert werden, als es derzeit der Fall ist. Taktfahrpläne gab es in Deutschland bislang nur für einzelne Regionen.
Fernzüge sollen auf den Hauptachsen im 30-Minuten-Takt fahren
Fernzüge sollen laut dem Verkehrsministerium im 60-Minuten-Takt und auf den Hauptachsen im 30-Minuten-Takt fahren. Fern- und Regionalverkehr sollen besser miteinander vernetzt werden, sodass etwa eine Reise aus Stuttgart nach Berlin eine Stunde kürzer sein werde, schreibt das Ministerium auf der Website. Zudem sollen künftig doppelt so viele Menschen mit der Bahn fahren als bisher.
All das soll mit einem Zielfahrplan für ganz Deutschland erreichen werden, der dann den Ausbau der Infrastruktur vorgibt. Im Rahmen des Deutschlandtakts sollen Gleisstrecken modernisiert, aus- und neugebaut, Stellwerke digitalisiert und wichtige Knotenpunkte erweitert werden.
Die Idee: Dadurch, dass der Fahrplan zuerst entwickelt wird, werden die "Infrastrukturen genau dort realisiert, wo sie tatsächlich gebraucht werden", heißt es von Ministeriumsseite. Das Projekt soll zwischen 50 und 60 Milliarden Euro kosten.
Ist 2030 nur ein Etappenziel unter vielen?
Bisher stand 2030 als wichtiges Etappenziel für den Deutschlandtakt im Raum. In einem Interview mit dem ZDF, räumte Michael Theurer (FDP), der von der Bundesregierung für den Schienenverkehr beauftragt wurde, offenbar eine Verspätung um Jahrzehnte ein. Das ZDF titelte mit 2070 als Abschlussjahr.
Noch vor einem guten halben Jahr hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) die Bahn zur "Chefsache" erklärt. Und im Koalitionsvertrag steht "Die Bahn muss zum Rückgrat der Mobilität werden – auch im ländlichen Raum". Wird die "Chefsache" nun auf die lange Bank geschoben?
"Die Meldung ist falsch", schreibt das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage unserer Redaktion. Sie suggeriere, dass der Deutschlandtakt bis 2030 in Gänze fertiggestellt werden solle. "Richtig ist, das der Deutschlandtakt ein fortlaufendes Projekt ist, dass stetig weiterentwickelt und an die Modernisierung des Schienennetzes angepasst wird."
Stuttgart 21 und Wendling-Ulm als Nächstes abgeschlossen
Der Deutschlandtakt soll in Etappen umgesetzt werden, erklärt das Verkehrsministerium. Jede Etappe bringe neue Angebote und "deutliche Verbesserungen für Reisende und Logistiker". Die nächste große Etappe werde mit der Fertigstellung der Strecke Wendlingen-Ulm, Stuttgart 21 und der Generalsanierung der Riedbahn 2025/2026 abgeschlossen.
Sie wird unter anderem den 30-Minuten-Takt zwischen den großen Metropolen Köln, Frankfurt, Mannheim, München, Nürnberg bringen. Die nächste Etappe 2030 wird laut Verkehrsministerium bereits vorbereitet. "Dazu finden intensive Abstimmungen mit den Ländern und der Branche statt", schreibt das Verkehrsministerium.
Das Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene sieht das ein wenig anders: "Die 181 aus dem Deutschlandtakt abgeleiteten Infrastrukturmaßnahmen müssen so schnell wie möglich umgesetzt werden, bis Mitte der 2030er Jahre, und nicht erst bis 2070", forderte Hans Leister, Co-Vorsitzender der Koordinationsgruppe Deutschlandtakt. Wie das schneller als bislang gehen kann, habe die Beschleunigungskommission Schiene aufgezeigt. "Aber auch diese Empfehlungen sind im Bundesverkehrsministerium seit Monaten in der Warteschleife."
Ein Drittel der 181 Infrastrukturmaßnahmen sind in Planung
Rund ein Drittel der 181 Infrastrukturmaßnahmen seien in Planung, erklärt ein Sprecher des Verkehrsministeriums. "Einige werden davon Mitte der 2020er Jahre in Betrieb gehen, zum Beispiel der Knoten Wittenberge." Keine der Vorschläge liege "auf Eis", allesamt seien in der Prüfung und Umsetzung.
Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen runter, um 65 Prozent gegenüber 1990 – das steht im deutschen Klimaschutzgesetz. Wie soll das der Verkehrssektor schaffen, wo die Emissionen hier 14-mal so schnell sinken müssten wie bisher? 2022 wurde das CO2-Spar-Ziel um elf Millionen Tonnen verfehlt.
An den Klimazielen, 2045 in Deutschland Klimaneutralität zu erreichen, "rütteln wir in keinster Weise", antwortet das Bundesverkehrsministerium. Die jetzige Regierung müsse aber die oft maroden Schienennetze, die sie von ihren Vorgängern übernommen habe, jetzt nach und nach modernisieren. Das brauche Zeit.
Verwendete Quellen:
- deutschlandtakt.de
- zdf.de: Deutschlandtakt der Bahn auf 2070 verschoben
- Anfrage Bundesministerium Digitales und Verkehr
- Allianz pro Schiene: Prognosen sind keine Fakten