- Aktuell stagnieren die Infektionszahlen, doch Experten rechnen für den Herbst mit einer neuen Coronawelle.
- Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist überzeugt, dass in Deutschland dann das Infektionsschutzgesetz verlängert wird - auch wenn sich die FDP bislang dagegen stellt.
- Bundeskanzler Scholz und die Ministerpräsidenten wollen frühzeitige Vorkehrungen vor dem Herbst treffen.
Bundesgesundheitsminister
Ministerpräsidenten wollen frühzeitige Vorkehrungen
Die FDP, die so wenige Corona-Schutzmaßnahmen wie möglich will, pocht darauf, zunächst mehrere Expertenberichte dazu abzuwarten. Die Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzler
Die Länder-Gesundheitsminister hatten einstimmig einen möglichen Katalog etwa mit Maskenpflichten in Innenräumen und Zugangsregeln wie 2G und 3G (Zugang nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete) zusammengestellt.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen begrüßte die gemeinsame Absicht von Bund und Ländern. Neben einer zielgerichteten Impfkampagne und Teststrategie sei besonders eine bessere Datenlage wichtig, sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. Der Fokus müsse in den Ländern auf einer raschen Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitsdienst und auf tagesaktuellen Daten liegen - etwa zur Verfügbarkeit betreibbarer Klinikbetten und zu Kapazitäten von Notaufnahmen und Rettungsdienst.
Maskenpflicht in Innenräumen und kostenlose Bürgertests gefordert
Der Deutsche Landkreistag nannte auch "Maskenpflichten in Innenräumen und im ÖPNV, gegebenenfalls auch Kontaktbeschränkungen". Ländern und Kommunen dürften die Hände nicht gebunden sein, sollte es örtlich erforderlich werden, verlangte Landkreistag-Präsident Reinhard Sager beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verlangte eine Verlängerung der kostenlosen Bürgertests in Teststellen über den Juni hinaus. Derzeit würden immer noch täglich mehr als 100 an oder mit Corona Gestorbene gezählt, sagte Vorstand Eugen Brysch dem RND. Die Länder hatten den Bund bei der Ministerpräsidentenkonferenz bereits gebeten, die kostenlosen Bürgertests länger zu finanzieren.
Rückgang der Infektionszahlen gestoppt?
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) könnte der stetige Fallzahlen-Rückgang vorerst gestoppt sein: In der aktuellen Woche stagniere er, teilte das Institut am Donnerstagabend mit. Der Anteil die Omikron-Sublinie BA.5 verdoppelt sich demnach von Woche zu Woche - allerdings auf noch niedrigem Niveau: Laut RKI sind es zuletzt 5,2 Prozent.
Am Freitag gab das RKI die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz mit 261,3 an. Am Vortag hatte der Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche bei 221,4 gelegen (Vormonat: 632,2). Allerdings liefert die Inzidenz kein vollständiges Bild der Infektionslage. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - wegen überlasteter Gesundheitsämter und weil nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.
Dahmen sagte, als Arzt besorge ihn zudem besonders eine zurzeit international starke Ausbreitung weiterer Atemwegserkrankungen unter anderem durch Grippeviren. "Auch ohne neue gefährlichere Corona-Virusvarianten könnte dies im Herbst in Deutschland zu einer neuerlichen schweren Belastungsprobe im Gesundheitswesen führen." Es sei deshalb richtig, dass sich alle Länder zu einem wissenschaftsbasierten vorsorgenden Kurs bei der Vorbereitung auf den Herbst bekannt hätten.
Stöhr wirft Lauterbach Panikmache vor
Der Virologe Klaus Stöhr hingegen sieht keine Gefahr und wirft Lauterbach Panikmache vor. "Dazu gehört dieses ganze Drohszenarium, was man wieder vom Gesundheitsministerium aufbaut", sagte er dem Fernsehsender Welt. Es könne zwar sein, dass die Virusvariante BA.5 wie in Portugal zu einem Wiederanstieg an Fällen führe. "An asymptomatischen Fällen, aber nicht auf den Intensivstationen, nicht in den Krankenhäusern - da ist völlige Entspannung." Stöhr soll als Nachfolger des Berliner Virologen Christian Drosten auf Vorschlag der Union in die Kommission zur wissenschaftlichen Beurteilung der staatlichen Corona-Beschränkungen einziehen. (dpa/ska)